Extremisten-Portal 8Chan ist zeitweise offline (2024)

Konsequenz nach Bluttaten in USA Extremisten-Portal 8Chan ist zeitweise offline

05.08.2019, 12:24 Uhr

Der mutmaßliche Attentäter von El Paso machte seine Taten auf der umstrittenen Plattform 8Chan öffentlich. Der Netzbetreiber Cloudflare kündigt dem Portal nun. Seitdem ist die bei Extremisten beliebte Seite kaum noch erreichbar.

Die umstrittene Online-Plattform 8Chan, bei der der mutmaßliche Todesschütze von El Paso ein rassistisches Manifest veröffentlich hat, ist am Montag weitgehend offline gegangen. Zuvor hatte der IT-Sicherheitsdienstleister Cloudflare, der unter anderem Websites vor Cyberangriffen schützt, die Geschäftsbeziehung zu 8Chan gekündigt. Die Plattform habe sich zu einer "Hass-Kloake" entwickelt, schrieb Cloudflare-Chef Matthew Prince in einem Blogeintrag. Einer der Grundsätze von 8Chan ist, dass die Betreiber die von Nutzern geposteten Inhalte nicht kontrollieren oder löschen. Das lockt unter anderem Rassisten auf die Plattform.

Nachdem 8Chan den Schutz durch Cloudflare verlor, war die Seite zeitweise gar nicht erreichbar oder Links liefen ins Leere. Cloudflare-Chef Prince schränkte zugleich ein, dass es vermutlich nicht allzu lange dauern werde, bis 8Chan einen anderen Anbieter finde und den Dienst wieder komplett hochfahren könne. Das sei auch passiert, als Cloudflare 2017 den Schutz der Neonazi-Website Daily Stormer aufgegeben habe.

Cloudflare versucht grundsätzlich, sich aus der Debatte um Inhalte von Plattformen herauszuhalten - Prince erklärt, er wolle nicht derjenige sein, der entscheidet, was im Internet veröffentlicht werden darf. Im Fall von 8Chan verwies er aber nun darauf, dass auch der Todesschütze von Christchurch, der Mitte März zwei Moscheen angegriffen und 51 Menschen getötet hatte, die Plattform genutzt habe.

Kritik an Trumps Rhetorik

Nach dem erschütternden Wochenende mit zwei Massakern mit 20 Toten in El Paso und 9 Toten in Dayton wächst in den USA die Wut über den Rassismus im Land und das Versagen bei der Waffenkontrolle. Im Zentrum der Empörung steht vor allem einer: Präsident Donald Trump. Mehrere prominente Demokraten beschuldigten den Republikaner, er ebne mit seiner Rhetorik den Weg für Hassverbrechen. Trump selbst sprach den Menschen in El Paso und in Dayton sein Mitgefühl aus. "Hass hat keinen Platz in unserem Land, und wir werden uns darum kümmern", sagte er vor Journalisten.

Ermittler behandeln die Bluttat von El Paso als inländischen Terrorismus. Ein 21-jähriger weißer Texaner wird verdächtigt, in einem Einkaufszentrum in der Grenzstadt zu Mexiko das Feuer eröffnet und 20 Menschen getötet zu haben. Der mutmaßliche Schütze hatte sich ergeben und befindet sich in Polizeigewahrsam. Die Ermittler prüfen, ob ein kurz vor der Tat im Netz veröffentlichtes Pamphlet vom Täter stammt. Es sehe zunehmend danach aus, sagte El Pasos Polizeichef Greg Allen. In der Kampfschrift heißt es unter anderem: "Dieser Angriff ist eine Antwort auf die hispanische Invasion in Texas."

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Trump hatte die Eindämmung illegaler Einwanderung in die USA über die mexikanische Grenze zu einem Kernpunkt seiner Präsidentschaft gemacht. In diesem Zusammenhang sprach er selbst öfter von einer "Invasion". Seit längerem werfen ihm Kritiker vor, mit seiner aggressiven Rhetorik den Rassismus im Land zu befeuern. Der demokratische Abgeordnete Adam Schiff erklärte am Sonntag auf Twitter: "Wenn der Präsident und andere Führungspersönlichkeiten sich einer rassistischen und entmenschlichenden Sprache bedienen, um Einwanderer und Muslime als Eindringlinge zu beschreiben, dann hören wütende und einsame Männer mit Waffen zu. Und sie schreiten zur Tat."

"Trump toleriert es nicht nur, er ermutigt es"

Der demokratische Präsidentschaftsbewerber Beto O'Rourke, der aus El Paso stammt, sagte dem Sender CNN, neben einem Verbot kriegsartiger Waffen müsse man auch den Hass und den offenen Rassismus ansprechen, der vom Präsidenten und dem wohlwollend über ihn berichtenden Sender Fox News komme. "Er toleriert es nicht nur, er ermutigt es", sagte O'Rourke mit Blick auf Trump. "Wir haben heute ein Problem mit weißem, nationalistischem Terrorismus in den USA", sagte O'Rourke weiter. "Diese weißen Männer werden durch die Art von Angst motiviert, mit der dieser Präsident hantiert." US-Behörden streben Medienberichten zufolge die Todesstrafe für den Schützen von El Paso an.

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Unter den Toten sind auch sieben Mexikaner. Mexiko erwägt deshalb inzwischen ein Auslieferungsgesuch gegen den mutmaßlichen Schützen. "Wir werten diese Tat als einen Terroranschlag auf die mexikanisch-amerikanische Gemeinde und die mexikanischen Landsleute in den Vereinigten Staaten", sagte Außenminister Marcelo Ebrard. US-Medien zitieren die Großeltern des mutmaßlichen Schützen mit den Worten: "Wir sind am Boden zerstört wegen der Ereignisse von El Paso und beten für die Opfer dieser Tragödie." Ihr Enkel habe bis vor wenigen Wochen noch bei ihnen im Haus gewohnt. Weiter wollten sie sich nicht öffentlich äußern.

Seit Jahresanfang hat es laut einer Statistik der Organisation Gun Violence Archive in den USA mehr als 250 sogenannte "Mass Shootings" gegeben, also Fälle, bei denen mindestens vier Menschen durch Waffengewalt getötet wurden. Rechnerisch ist das mehr als ein solcher Fall pro Tag. "Amerika wird von innen attackiert", kommentierte CNN. Bemühungen um schärfere Waffengesetze laufen seit Jahren ins Leere - vor allem, weil Trumps Republikaner dagegen sind. Die mächtige Waffenlobbyorganisation NRA bekämpft vehement jeden Versuch, Waffenbesitz stärker zu regulieren. Auch Trump ist dezidiert gegen eine Einschränkung des Rechts auf Waffenbesitz, das in der US-Verfassung verankert ist.

Während El Paso vor allem eine politische Debatte entfacht hat, beschäftigt die Menschen in Dayton besonders ein Gedanke: Wie viel verheerender hätte die Bluttat enden können? Die Einsatzkräfte hatten rasch reagiert: Nur 30 Sekunden nach Beginn der Tat wurde der Schütze von der Polizei gestoppt, wie Daytons Polizeichef Richard Biehl sagte. Der 24-jährige Weiße soll nahe einer Bar im Zentrum der Stadt das Feuer eröffnet haben. "Hätte dieses Individuum es durch die Tür (der Bar) geschafft, wären die Verletzungen und der Verlust von Menschenleben katastrophal gewesen", sagte Biehl. Über das mögliche Motiv des Schützen in Dayton (Ohio) herrschte zunächst noch Rätselraten.

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